Wie Produktion in hoher Qualität funktioniert, darüber gibt es ein gemeinsames Verständnis in Unternehmen seit vielen Jahren. Anstrengungen in diesem Bereich haben zu beachtlichen Ergebnissen für Kunden geführt: gerade in Serie hergestellte Produkte weisen nur eine sehr geringe Fehler- oder Ausschußquote auf. Und auch für individuellere Produkte oder Dienstleistungen achten Hersteller sehr auf Qualität, um ihre Kunden nicht zu vergraulen und hohe Kosten der Fehlerbeseitigung zu vermeiden.
Es käme keiner auf die Idee, diese Fehlerfreiheit und Qualität ausschließlich jeweils nur den hochwertigen Rohstoffen, Zukaufteilen, Fertigungsmaschinen oder dem qualifizierten Fertigungspersonal zuzuschreiben. Jeder weiß, dass das Produkt oder auch die Dienstleistung nur deshalb beanstandungsfrei ist, weil jeder Einflußfaktor auf die Qualität des Produktes in Ordnung ist und innerhalb einer gewissen Fehlertoleranz geblieben ist.
Der Entstehungsprozess eines Produktes ist transparent, jeder Einflußfaktor in der Fertigung wird heute gemessen bis hin zum Verschleißzustand von Werkzeugen, die das Werkstück bearbeiten. In jeder Prozessphase wird deutlich, wie gut die Qualität jedes einzelnen Bearbeitungsschrittes ist – der Einkauf wacht zudem über die Qualität der zugelieferten Rohstoffe und Vorprodukte. Jeder unentdeckte Mangel im gesamten Herstellprozess hätte unweigerlich unangenehme wirtschaftliche Auswirkungen, die es zu vermeiden gilt.
Hohe Qualität schont also personelle und materielle Ressourcen, sowie Zeit und Geld. Für die „Produktion“ von Aufträgen stellen sich Unternehmen bislang leider nicht die Frage nach der Qualität der vertrieblichen Arbeit. Dieser „Produktionsprozess“ bleibt in einer Black-Box prüfender Betrachtung von außen verborgen, es wird nur das Ergebnis bejubelt oder beklagt. Kaum jemand macht sich die (lohnenswerte) Mühe, die Ursache-Wirkungsbeziehung für den gewonnenen oder auch verlorenen Auftrag herzustellen. Gute Vertriebsergebnisse gelten häufig als das Kunstwerk begnadeter Verkäufer und nicht als das Ergebnis planvollen Vorgehens.
Die Konsequenz ist daher, dass sich viele Vertriebsorganisationen nicht wirklich verbessern können, weil sie ja gar nicht genau genug erfassen, wo sie im Vertriebsprozess Schwachpunkte haben, die das Ergebnis beeinträchtigen. Ein unsicherer Forecast und mehr oder minder zufällige Vertriebsergebnisse sind die Folge. Gern wird dann der Preis des Wettbewerbers als Grund für den verlorenen Auftrag zitiert. Was zum Auftrag geführt hat, bleibt oft unerkannt. Leider ist der Vertriebsprozess – genauer gilt dies für alle Vertriebsprozesse in seinen verschiedenen Ausprägungen – ähnlich aufwendig und störanfällig wie ein Produktionsprozess: neben der Transaktion, wie z.B. den Kundenbedarf spezifizieren oder ein Angebot erstellen, kommen noch Kundenkommunikation und Aufbau und Pflege der Kundenbeziehung hinzu.
Michael J.Webb hat in seinem Buch „Sales and Marketing the Six Sigma Way“ 5 Ansätze für grundlegende Verbesserungen im Vertriebsprozess dargestellt:
1. Generieren Sie Kundennutzen
Ob ein Kunde ein Produkt in 35 Varianten benötigt, muss eine valide Kundenaussage bestätigen, damit sich der Aufwand und die einhergehenden Komplexitätskosten rentieren. Bezahlt der Kunde den Mehraufwand? Hier helfen keine Vermutungen, sondern nur konkret gestellte Fragen und dokumentierte Kundenantworten, um z.B. Sortimentsentscheidungen zu treffen.
2. Führen mit Zahlen, Daten, Fakten
Vertriebsergebnisse sind nur Resultate der Vertriebsprozesse, welche Aktivitäten und Zwischenergebnisse liegen diesen zugrunde? Erst das vollständige Bild der Ursachen, die zu einem Ergebnis geführt haben, führt zu einem tieferen Verständnis des Vertriebsgeschehens. Wichtige Voraussetzung ist allerdings auch, die relevanten Wegmarken und Zustände in einem Vertriebsprozess kontinuierlich zu messen. Eine gute Datenqualität ist für eine valide Beurteilung unerläßlich.
3. Ursache-Wirkung-Beziehungen aufklären
Erst mittels Daten und Fakten findet sich heraus, welche Ursachen sich in welcher Weise auf Ergebnisse auswirken. Auf einen Teil der Ursachen hat eine Organisation Einfluß, auf andere möglicherweise nicht. Dies zeigt folgendes Beispiel: Vertragsauflösungen für Dienstleistungen aufgrund unzufriedener Kunden können durch einen verbesserten Serviceprozess reduziert werden. Vertragsauflösungen bedingt durch Sitzverlagerung des Kunden ins Ausland lassen sich dagegen nicht beeinflussen.
4. Ausschuss und Fehler minimieren
Um bessere Verkaufsergebnisse zu erzielen, investieren Unternehmen in mehr Leads, mehr Verkäufer, mehr Produkte, weitere Vertriebswege und vielleicht noch in neue Absatzgebiete. Häufig wird mehr investiert – und trotzdem bleiben die gewünschten Ergebnisse aus. Auch die dann oftmals eingesetzte „Peitsche“ in Form von mehr Arbeit und Anstrengung führt nicht zum Ziel.
In Kategorien der Prozessverbesserung gedacht bedeutet Ausschuss eine Aktivität oder ein Ergebnis im Vertriebsprozess, das keinen Kundennutzen oder Wertbeitrag produziert. Dies hat seine Ursache darin, wie gearbeitet wird oder mit welchem „Material“ gearbeitet wird. Werden schlecht oder gar nicht selektierte Leads aufwendig bearbeitet und es fallen nur wenige passende Interessenten ab, deren Akquisition sich lohnt, dann wird zuviel „Ausschuss“ unnötigerweise mit teurer Vertriebskapazität bearbeitet.
Verdreifacht sich plötzlich der Betrag der offenen Posten von schlecht zahlenden Kunden, wird in kurzer Zeit Alarm geschlagen und nach Maßnahmen gesucht, diesem Missstand abzuhelfen. Verdreifacht sich die Zahl der bearbeiteten Leads, um 10 Interessenten zu qualifizieren, merkt dies kein Mensch, weil es nicht gemessen wird. Der vertriebliche Mehraufwand wird nicht spezifiziert, nur am Ende bleiben Umsatz und Ertrag unter den Erwartungen. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass es sich lohnen würde, gegen diese Form der Verschwendung anzugehen.
5. Qualität der Zusammenarbeit erhöhen
Wer sänge nicht das hohe Lied der abteilungsübergreifenden Teamarbeit, es zögen doch alle am gleichen Strang für das gemeinsame Ziel. Mitarbeiter in vielen Funktionsbereichen eint oft die gemeinsame Auffassung, ihre Kollegen aus den anderen Abteilungen hielten sie davon ab, ihren Job zu tun.
Gerade weil sich Kunden-Abwicklungsprozesse einschließlich des Vertriebes horizontal durch das Unternehmen über Abteilungsgrenzen hinweg bewegen, sind transparente, sauber geführte Prozesse Voraussetzung für geringe Durchlaufzeiten, gute Qualität und niedrige Kosten. Wer die Prozesskette genau betrachtet, erkennt den Zusammenhang zwischen Aktivitäten und (Teil-) Resultaten. Jeder Bruch im materiellen Fluss oder Informationsfluss wirkt sich unmittelbar auf die Wertschöpfung aus. Dies gilt natürlich auch und gerade für alle kundenbezogenen Prozesse. Das Verbesserungspotenzial ist hier in den meisten Unternehmen groß und erst in den seltensten Fällen ausgeleuchtet.
In der Fertigung ist die genaue Betrachtung der Prozesse Alltag und für zusicherbare Qualität des Outputs (physische Produkte oder Dienstleistungen) unerläßlich. So gesehen kann der Vertrieb von der Fertigung viel lernen.
Was wirklich dauerhaft (Vertriebs-) Ergebnisse verbessert
Stets in gleicher, unveränderter Weise zu agieren und andere Ergebnisse zu erhoffen, spiegelt zwar die Realität in vielen Unternehmen wider, bringt diese aber nicht weiter. Ohne ein genaues Verständnis der Ursachen und Wirkungen in den Vertriebsprozessen, können keine wirksamen Veränderungen herbeigeführt werden, die dann zu den gewünschten Ergebnissen führen.
Marketing- und Vertriebsprozesse benötigen eine analytische Betrachtung, damit Führungskräfte ein zutreffendes Verständnis der Leistungstreiber erwerben und Ursachen und Wirkungen genau verstehen. Wenn bessere Resultate im Vertrieb erwünscht sind, geht dies nicht ohne Prozessveränderungen. Es lohnt sich sehr für die eigene Profitabilität und die Kundenzufriedenheit, nach Analysen der Fraunhofer Gesellschaft werden die Effizienzgewinne durch Prozessverbesserungen in diesem Funktionsbereich auf ca. 30% geschätzt.
Als einen ersten Schritt zur Verbesserung der Vertriebsperformance empfehlen wir die Checkliste-Vertriebsprozess.
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